Typische Fehlerquellen in der Exportpraxis – und wie man sie vermeidet

Die Komplexität exportkontrollrechtlicher Vorgaben und die internationale Verflechtung von Lieferketten bergen erhebliche Risiken – nicht nur zoll- oder verwaltungsrechtlicher Art, sondern auch strafrechtlicher. Schon kleine Unachtsamkeiten können im Ernstfall zu Ermittlungen wegen Exportstraftaten führen. Dieser Beitrag zeigt die häufigsten Fehlerquellen in der Exportpraxis – und wie man ihnen systematisch begegnet.
1. Fehlklassifizierung von Gütern
Ein Klassiker unter den Fehlern ist die unzureichende oder fehlerhafte Güterklassifizierung, insbesondere bei Dual-Use-Gütern. Unternehmen stützen sich hier oft auf Herstellerangaben oder eigene Einschätzungen, ohne eine fachlich fundierte Prüfung vorzunehmen.
Zur Vermeidung dieses Risikos sollten Unternehmen ihre Produkte systematisch anhand der einschlägigen Güterlisten klassifizieren – etwa nach Anhang I der EU-Dual-Use-Verordnung oder der Commerce Control List (CCL) der USA. Ist die eigene Expertise nicht ausreichend, sollte eine Auskunft beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingeholt oder auf fundierte externe Beratung zurückgegriffen werden. Zusätzlich ist es erforderlich, die zuständigen Fachabteilungen regelmäßig zu schulen, um ein solides Verständnis für kritische Gütermerkmale zu gewährleisten.
2. Unzureichende Prüfung von Endverwendung und Endverwender
Ein häufiger Fehler besteht darin, sich bei der Einschätzung der Endverwendung oder der am Export beteiligten Akteure ausschließlich auf die Angaben von Kunden oder Spediteuren zu verlassen. Dies birgt erhebliche Risiken, insbesondere bei sicherheitsrelevanten oder sanktionierten Empfängern.
Dem kann entgegengewirkt werden, indem für risikobehaftete Güter grundsätzlich eine verbindliche Endverbleibserklärung (End Use Certificate – EUC) vom Kunden verlangt wird. Darüber hinaus ist es notwendig, systematisch zu prüfen, ob der Endverwender oder andere Beteiligte auf Sanktionslisten der EU, UN, der US-Behörden (z. B. OFAC) oder nach dem ITAR-Recht gelistet sind. Zur zusätzlichen Absicherung sollte bei neuen Geschäftspartnern eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt werden, beispielsweise durch Bonitätsauskünfte oder gezielte Recherchen über Wirtschaftsauskunfteien.
3. Umgehung durch Dritte – fehlende Kontrolle bei Reexporten
Viele Unternehmen gehen davon aus, dass ihre Verantwortung mit dem Verlassen der Ware aus dem eigenen Hoheitsgebiet endet. Doch das Reexportverhalten ausländischer Kunden – insbesondere bei US-komponentenhaltigen Produkten – kann rechtliche Folgen auch für das ursprüngliche Exporteurunternehmen haben.
Um dieser Gefahr zu begegnen, sollten Unternehmen bereits bei der Vertragsgestaltung auf die Einhaltung relevanter US-(Re)Exportregelungen hinwirken, etwa der De-minimis- oder Foreign Direct Product-Regel. Kunden sollten vertraglich zur Einhaltung exportkontrollrechtlicher Vorgaben verpflichtet werden, insbesondere was Weiterexporte angeht. Kritische Reexporte sind zudem zu dokumentieren; wo erforderlich, sind Meldepflichten gegenüber Behörden zu prüfen und einzuhalten.
4. Technologie- und Softwaretransfer ohne Bewusstsein für Export
Ein oft unterschätztes Risiko liegt im immateriellen Technologietransfer. Viele Unternehmen verkennen, dass bereits der Versand technischer Daten per E-Mail, die Ablage auf ausländischen Cloud-Servern oder die persönliche Weitergabe in Schulungen und Telefonaten exportkontrollrechtlich relevant sein können.
Dieses Risiko lässt sich mindern, indem bei sensiblen Projekten ein Technology Control Plan (TCP) erstellt wird. Darin werden technische und organisatorische Maßnahmen definiert, um unkontrollierten Technologietransfer zu verhindern. Darüber hinaus sollten interne Regelungen zur Kommunikation und Datenspeicherung etabliert werden – insbesondere hinsichtlich des Zugriffs durch ausländisches Personal oder externe Partner. Auch die Gestaltung internationaler Forschungskooperationen sollte frühzeitig unter exportkontrollrechtlichen Gesichtspunkten überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
5. Fehlende oder unzureichende Compliance-Strukturen
Nicht selten fehlen im Unternehmen klare Zuständigkeiten für exportkontrollrechtliche Belange, oder ein vorhandenes Exportkontrollsystem (Internal Compliance Programme – ICP) ist veraltet oder ineffektiv. Dies macht Unternehmen besonders anfällig für fahrlässige oder sogar systematische Verstöße – mit erheblichen strafrechtlichen Konsequenzen.
Zur wirksamen Prävention ist es unerlässlich, ein auf das Unternehmen zugeschnittenes ICP zu etablieren. Dieses muss klare Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Entscheidungswege definieren. Ein solches System lebt zudem von regelmäßigen Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen, die alle relevanten Mitarbeiter einbeziehen. Schließlich sollten interne Audits sowie gegebenenfalls externe Prüfungen durchgeführt werden, um die Wirksamkeit des Systems kontinuierlich zu überprüfen und an neue rechtliche Anforderungen anzupassen.
Fazit:
Das Exportstrafrecht kennt keine Toleranz für Organisationsversagen. Viele Verstöße beginnen mit kleinen Fehlern – oft aus Unkenntnis oder Gewohnheit. Umso wichtiger ist es, typische Risikelder zu identifizieren und präventiv gegenzusteuern. Wer die genannten Fehlerquellen systematisch vermeidet, reduziert nicht nur das strafrechtliche Risiko, sondern sichert auch die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit des Unternehmens im globalen Markt.
Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Prof. Dr. iur. Darius O. Schindler | MBA
Strafverteidiger | Justiziar
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