US-Exportkontrollrecht und seine extraterritoriale Wirkung

7. Juli 2020 | US-Exportrecht

Das US-amerikanische Exportkontrollrecht ist ein komplexes und weitreichendes Regelwerk, das weit über die Landesgrenzen hinaus Wirkung entfaltet. Für europäische und insbesondere deutsche Unternehmen bedeutet dies eine erhebliche Herausforderung: Selbst ohne direkten Bezug zu den Vereinigten Staaten kann ein Verstoß gegen US-Vorgaben strafrechtliche, verwaltungsrechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die extraterritoriale Reichweite dieses Regelwerks zählt damit zu den zentralen Risikofaktoren im modernen Exportgeschäft.

1. Die zentralen Regelwerke: EAR, ITAR und OFAC

Das Exportkontrollrecht der Vereinigten Staaten basiert auf mehreren Säulen: Die Export Administration Regulations (EAR) regeln den Export sogenannter „Dual-Use“-Güter durch das Bureau of Industry and Security (BIS) im Handelsministerium. Sie erfassen sowohl physische Ausfuhren als auch immaterielle Transfers von Technologien und Software. Demgegenüber betreffen die International Traffic in Arms Regulations (ITAR) militärische Güter, Dienstleistungen und technische Daten und werden vom Department of State (DDTC) durchgesetzt. Die OFAC-Sanktionsprogramme wiederum verbieten oder beschränken Transaktionen mit bestimmten Ländern, Organisationen oder Personen auf Grundlage nationaler Sicherheit und Außenpolitik.

2. Extraterritoriale Anwendung und De-Minimis-Regel

Die Besonderheit des US-Rechts liegt in seiner extraterritorialen Anwendung. Dies bedeutet, dass auch Nicht-US-Unternehmen dem US-Exportkontrollrecht unterfallen können, etwa wenn ein Produkt US-Vorprodukte, -Technologie oder -Software enthält. Dabei ist insbesondere die De-Minimis-Regel von zentraler Bedeutung: Bereits wenn ein ausländisches Produkt einen bestimmten Prozentsatz an US-Komponenten überschreitet (in der Regel 10 % oder 25 %, abhängig vom Zielland), gelten die US-Regeln für den Export dieses Produkts weiter – auch wenn es vollständig außerhalb der USA produziert und exportiert wird.

3. Foreign Direct Product Rule (FDP)

Ein weiteres zentrales Instrument ist die Foreign Direct Product Rule, die besonders im Kontext der US-Sanktionen gegen chinesische Technologieunternehmen wie Huawei eine zentrale Rolle spielt. Diese Regel erfasst auch Produkte, die außerhalb der USA hergestellt wurden, wenn sie auf Grundlage von US-Technologie oder -Software produziert wurden. So kann ein in Deutschland hergestelltes Mikrochip-basiertes Produkt unter US-Kontrolle stehen, wenn die Produktionsanlagen auf US-Designs beruhen.

4. Konsequenzen für deutsche Unternehmen

Für deutsche Exporteure ergeben sich hieraus erhebliche Risiken: Wer gegen US-Kontrollvorgaben verstößt – selbst unwissentlich –, riskiert Aufnahme auf Sanktionslisten (z. B. die Entity List oder SDN List), empfindliche Geldbußen, Exportverbote oder die Sperrung von US-Zulieferungen. Dabei genügt es oft, dass ein Geschäftspartner oder eine Transaktion über ein sanktioniertes Land, eine betroffene Technologie oder ein US-Subjekt läuft. Die praktische Folge: „US-Recht reist mit“, wie es in der Exportcompliance oft heißt.

5. Strategien zur Risikominimierung

Um die Risiken des US-Exportkontrollrechts wirksam zu managen, bedarf es eines spezifischen Moduls im Internal Compliance Programme (ICP), das die extraterritoriale Anwendung US-amerikanischen Rechts berücksichtigt. Dies umfasst unter anderem:

  • eine strukturierte Analyse der Güterstruktur auf US-Anteile (ECCN-Klassifizierung)
  • vertragliche Sicherungen bei Lieferketten mit US-Bezug
  • Berücksichtigung von „Red Flags“ bei Geschäftspartnern
  • gegebenenfalls Einholung von Genehmigungen beim BIS oder Konsultation von US-Rechtsberatern

Fazit:

Das US-Exportkontrollrecht konfrontiert europäische Unternehmen mit einer komplexen Mischung aus wirtschaftlichem Risiko und rechtlicher Unsicherheit. Die extraterritoriale Reichweite von EAR, ITAR und OFAC ist nicht nur politisch umstritten, sondern auch rechtsdogmatisch fragwürdig – faktisch aber kaum zu ignorieren. Wer sich der US-Exportregeln nicht systematisch annimmt, läuft Gefahr, Opfer einer geopolitischen Compliance-Falle zu werden.

Informationen zum US-Exportrecht

Aktuelle Informationen, Hinweise, Checklisten u.a. finden Sie auf unserer Schwesterseite www.us-exportrecht.com.

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Prof. Dr. iur. Darius O. Schindler | MBA
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